Aus dem Gerichtssaal: Im Zweifel für den Angeklagten

Wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornographischer Bilder musste sich ein 32-jähriger Geraer vor dem Amtsgericht Gera verantworten. Für diesen Tatbestand fordert das Strafgesetzbuch laut § 184b eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr.

Bei der Auswertung der elektronischen Speicher seines Mobiltelefons, dass er im Zuge der Ermittlungen einer Anzeige durch seine Ex-Freundin den Behörden übergeben hatte, fanden die Beamten der Kripo Gera 38.727 Bilder und 635 Videos – auch pornografischen Inhalts. Darunter fünf Bilder, die offenbar den Tatbestand der Jugendpornografie erfüllen würden. Auf den Fotos sind sexuelle Handlungen an und mit Mädchen zu sehen, die augenscheinlich erst zwischen sieben und zwölf Jahre alt sind.

Der Angeklagte bestritt am ersten Verhandlungstag den wissentlichen Besitz der kompromittierenden Fotos. „Ich sehe die Bilder zum ersten Mal und weiß nicht, wie diese auf mein Handy gelangt sind“, so der 32-Jährige. In einem Folgetermin galt es nun also zu klären, ob das möglich sein könne.

Zu Beginn des zweiten Verhandlungstages verlas Richter Siegfried Christ einen Bericht mit den Ergebnissen der Kriminaltechnischen Untersuchung (KTU) zu dem Sachverhalt. Demnach sei für maßgeblichen Bilddateien in dem Browser Cache des Handys kein Download – also kein Nachweis für ein bewusstes Speichern – erkennbar gewesen. Auch die Quelle bzw. der Ursprung der Dateien könne nicht nachgewiesen werden. Ebenso kann die KTU auch nicht ausschließen, dass das Handy von anderen Personen als vom Angeklagten genutzt wurde, wie dieser behauptet.

Die Ausführungen der KTU lassen laut Staatsanwalt erhebliche Zweifel an der Schuld des Angeklagten zu: „Die Bilder wurden wahrscheinlich nur angeschaut und nicht wissentlich gespeichert“. Zudem könne nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, wer die Fotos im Internet angeguckt hat. In dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten. Der Staatsanwalt beantragte deshalb Freispruch für den Beschuldigten.

Dem schloss sich Verteidiger Thomas Siegel natürlich an, wobei der Rechtsanwalt nochmals wie am ersten Verhandlungstag darauf verwies, dass es sich wegen der kleinen Größe der Fotos offensichtlich um Vorschaubilder handelt, die beim Scrollen im Internet automatisch im Cache gespeichert werden, auch wenn sie nicht angeklickt wurden.

Im letzten Wort vor der Urteilsverkündung beteuerte der Angeklagte nochmals seine Unschuld und dass er keine pädophilen Neigungen habe.

Aufgrund der nicht zweifelsfrei nachweisbaren Schuld sprach das Schöffengericht nach kurzer Beratung den mehrfach vorbestraften Geraer in diesem Fall frei. Das Urteil ist rechtskräftig.

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  1. […] Aus dem Gerichtssaal: Im Zweifel für den Angeklagten2. März 2023 […]

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