RSV Rotation Greiz – SV Johannis Nürnberg 20:13
Von Erhard Schmelzer
Gegen die in Bestbesetzung antretende Nürnberger Mannschaft gelang im achten Saisonkampf der sechste Greizer Sieg. Es war der vierte Heimerfolg in der 2. Bundesliga der Ringer in Folge.
Nach dem 20:13 gegen den alten Rivalen aus der Norisstadt und dem doch nicht ganz so überraschenden Erfolg der Lübtheener gegen Witten hat Greiz zum Tabellenzweiten aus Nordrhein-Westfalen aufgeschlossen. In der nächsten Woche kommt es zum direkten Duell in Witten um den zweiten Platz Tabellenführer ist weiterhin Bundesligaabsteiger Lichtenfels, dem ein furioser 19:4 Sieg in Aue gelang. Das Drama in Aue erlebten 700 Zuschauer. Mehr kamen nur zum Bundesligaspitzenreiter Kleinostheim beim Spitzenkampf gegen Schorndorf (800 Besucher beim 14:13). Ganz vorn in der Zuschauergunst natürlich wiederum Greiz mit 877 Besuchern. Wobei im Gegensatz zu den Kämpfen gegen Markneukirchen und Aue auffiel, dass die Gästeseite diesmal nur spärlich besetzt war.
In der Vorwoche hatte Nürnberg zu Hause ohne die Levai-Brüder gegen Markneukirchen 11:15 verloren. Was war der Grund? Strategiewechsel des SV Johannis? In Greiz waren die Ungarn wieder dabei, Nürnberg reiste mit der stärkstmöglichen Mannschaft an. Einfache Erklärung: Tamas und Levente Levai absolvieren neben ihrem professionellen Ringertraining ein Studium und hatten vor einer Woche Prüfungen. Gästetrainer Matthias Baumeister sah nach dem Wiegen Chancen für beide Mannschaften, musste aber einschränken: „Unser kleiner Kader macht uns ausrechenbar. Das ist unsere Schwäche.“ Damit hatte er ins Schwarze getroffen, denn die Aufstellung von Tino Hempel, aber auch Sportler, die über sich hinauswuchsen, brachten wieder einen spannenden Ringkampfabend und auch einen glanzvollen Sieg.
Robin Nuding (61 kg/g) traf auf den Medaillengewinner der Asienmeisterschaften und amtierenden Militärweltmeister Amangali Bekbolatov. Der Kasache dominierte, kam aber im Standkampf gegen einen kampfstarken Greizer nicht an die Punkte. Erst im Bodenkampf konnte Kampfrichter Timo Schlösser, der aus dem südbadischen Triberg angereist war, Punkte vergeben. Hier zeigte der Kasache Weltklasseleistungen. 0:7 nach der ersten Bodenrunde, 0:15 nach der zweiten, bei der der Greizer noch ein Foul angekreidet bekam. (Mannschaftsstand: 0:4)
Schwergewichtler Lucas Gansi (130 kg/f) war bei der DM in diesem Jahr knapp an der Bronzemedaille vorbeigeschrammt. Seinem Gegner Yusuf Senyigit gelang das aber in der 97-kg-Klasse. Der Greizer setzte seine körperliche Überlegenheit bei 12 Kilogramm Gewichtsunterschied ein und führte ohne ins Risiko zu gehen eine Minute vor Schluss 4:0. Jetzt fasste sich der Nürnberger ein Herz und wagte einen Beinangriff, der gerade noch abgewehrt werden konnte. Als der Kampf beim 6:0 eigentlich schon entschieden war, versuchte es der Nürnberger noch einmal, gab aber durch das daraus resultierenden 0:8 doch noch drei Mannschaftspunkte ab. (3:4)
Nur mal zur Einordnung der Resultate: 2023 hatte Razvan Kovacs noch Woche für Woche in der 57 kg-Klassse gekämpft. Nun in der 66 kg-Klasse brachte er 63,6 kg auf die Waage und traf zwei Gewichtsklassen höher auf Enes Akbulut. Wie alle Nürnberger war auch der ehemalige Jenaer Sportschüler top in Schuss und kämpfte ohne Pause. Der Rumäne kam aber immer wieder durch Beinangriffe zum Erfolg und konnte sich am Ende über einen redlich erkämpften 12:0 Erfolg freuen. (6:4)
Im einzigen direkten Aufeinandertreffen zweier ausländischer Sportler traf der Este Richard Karelson (98 kg/g) auf den amtierenden Militärweltmeister Tamas Levai. Hier waren technische Punkte Mangelware. Der Este wurde in der ersten Runde zu Boden geschickt, der Este in der zweiten. Beim 1:1 führte nun nach der Ringkampfmathematik Richard Karelson. Doch der Siegpunkt ging doch an die Gäste, da der Ungar mit einer Verzweiflungsaktion Sekunden vor Schluss seinen Gegner eine halbe Runde im Kreis rückwärts vor sich herjagte. Der Kampfrichter gab den Ungarn einen Zähler, die Halle pfiff. Der Siegpunkt ging so doch noch nach Nürnberg. (6:5)
Der mit 4 Medaillen bei EM und WM bei Männern und U23 in diesem Jahr hochdekorierte Vitalie Eriomenco war eine Nummer zu groß für Dustin Nürnberger (71 kg/g). Der Greizer kämpfte tapfer mit, fand aber gegen die Bodentechniken des Moldawiers keine Gegenwehr. Kurz vor der Halbzeitpause hatten die Gäste durch das 0:16 vier weitere Punkte auf ihrem Konto. (Pausenstand: 6:9)
Jetzt durfte der Rückstand nicht viel größer werden. Eine schwierige Aufgabe für Routinier Maximilian Kahnt (86 kg/f), der gegen den U20-Meister und EM-Teilnehmer Adam Leifridt kämpfen musste. Souverän erkämpfte sich der Greizer die Oberhand, brachte Ruhe in den Kampf und führte eine halbe Minute laut Kampfplan 3:0. Als der Nürnberger noch einmal alles auf eine Karte setzen wollte, wurde er abgefangen und landete auf den Rücken: 7:0. Endstand 7:1 Zwei ganz wichtige Punkte. Der Nürnberger Trainer meinte später: „Hier hatten wir mehr erwartet.“ (8:9)
Moritz Langer (75 kg/f) wurde gegen den Nachwuchsringer Benny-Ben Berkil seiner Favoritenrolle vollauf gerecht. Bereits nach 13 Sekunden hatte er seinen nur mit Verteidigung beschäftigten Gegner zu Boden gebracht. Und weiter ging es Schlag auf Schlag mit Beinangriffen und Rollen. 40 Sekunden vor der Pause brach der Kampfrichter den Kampf beim 16:0 ab. (12:9)
Einen amtierenden Europameister sieht man auch nicht alle Tage in Thüringen. In der Greizer Ringerhalle schon. Maximilian Böttger (80 kg/g) leistete gegen Levente Levai allerdings im Standkampf erbitterten Widerstand. Nach 90 Sekunden musste er aber in den Bodenkampf. Nach einer Kopfrolle wurde er vom Ungarn geschultert. (12:13)
Cengiz Arslan (75 kg/g) war diesmal rechtzeitig am Istanbuler Flughafen. Wer gesehen hatte, wie sich die beiden zum Schluss kämpfenden Greizer Athleten in ihrer Umkleidekabine warm gemacht hatten, wusste, wie schwer es die Nürnberger nun haben würden. Der Nürnberger Trainersohn Nico Baumeister, immerhin DM-Fünfter der U20, lag schon nach 37 Sekunden 0:6 zurück, verteidigte sich aber am Boden nach dem angeordneten Bodenkampf aber geschickt. Kurz nach Wiederanpfiff fand er sich beim Stande von 0:15 allerdings in der Rückenlage wieder, aus der es kein Entrinnen gab. (20:13)
Die Zeichen standen nun auf Sieg. Selbst eine Niederlage mit sieben Punkten Differenz hätte sich Nicolai Grahmez (80 kg/f) leisten können. Doch der sich in Weltklasseform befindliche Greizer wollte vier Punkte. Aber der deutsche U20-Vizemeister Michael Janot im griechisch-römischen Stil wollte sich nicht so einfach geschlagen geben. Der lang aufgeschossene Athlet nutzte seine Hebelverhältnisse und ging 4:0 in Führung. 45 Sekunden später lag der Greizer aber 5:4 vorn und machte sich daran einen Abbruchsieg zu erarbeiten. Was ihm nach 3:41 Minuten beim 19:4 wieder einmal gelang.
Greiz hatte nach Lübtheen nun auch Nürnberg in dieser Saison zum zweiten mal geschlagen. Die Anhänger skandierten: „Hier regiert der RSV!“


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